Artist in Residence


(...)In der Küche treffen der Leuchter aus dem Wohnzimmer, [Markus Grobs » ikonografische Transplantation«], Tische und Bänke sowie das aus Zeitungspapier collagierte Schriftband Hotel Savoy von Tanja Goetzmann zusammen. Eine am Bauhaus entworfene Schrift in Kavalierperspektive, deren Buchstaben Goetzmann zum ABC komplettierte und sie aus hellem und dunklem Zeitungspapier zusammensetzte, dann auf die Wand applizierte, gibt folgendes Zitat aus dem Roman „Hotel Savoy“ von Joseph Roth wieder:

„Es ging ihnen schlecht, den Menschen. Das Schicksal bereiteten sie sich selbst und glaubten, es käme von Gott. Sie waren gefangen in Überlieferungen, ihr Herz hing an tausend Fäden, und ihre Hände spannen sich selbst die Fäden. Und nachdem sie so ein paar Jahrzehnte gezappelt, geirrt hatten und ratlos gewesen, starben sie im Bett und hinterließen ihr Elend ihren Nachkommen.“

Dicht gedrängt im Dämmerlicht sitzen am Eröffnungsabend Bier trinkende, laut durcheinander redende Menschen in der Küchen-Kantine. Diese Situation, dieses real-szenische Bild verleiht dem Raum, der Arbeit, dieser Zusammenkunft ein hohes Maß an Wirklichkeit in beide Richtungen.

Tobias Kraft, Unternehmung zwei, Artists in Residence





(...)Im verbleibenden Raum ein Tagungsort aus der gleichnamigen Serie von Tanja Goetzmann. Die in sich farbig abgesetzte Tischfläche trägt einen plastischen Aufsatz. Sämtliche Teile sind entweder nur aneinander gelehnt oder mit Schraubzwingen verbunden.

Das Wechselspiel zwischen stabilem Tischkonstrukt mit fragmentiertem Architekturzitat, fragilem Bühnenbildmodell und dem Raum, in welchem sich die Installation als ein Teil seiner selbst zeigt, vor allem auch mit dem Blick aus dem Fenster und der Lichtsituation [»Mäuselicht« und von Goetzmann auf den Rollokasten gelegte Tageslichtröhre], mutet klar und vertraut an, ein diminuierendes Möbel — die aus dem Garten stammenden Birkenstücke führen diesen Verweis fort.

Tobias Kraft